Ich kann mich immer schlechter damit anfreunden – mit dem Titel Design-Manager.
Je länger ich darüber sinniere, desto mehr wird er zum Oxymoron. Und dabei ist mir auch noch nicht klar, welches Teil im Titel nun das Unsinnige und welches das Scharfsinnige ist!
Sie sind anders, finde ich… Oder liegt es daran, dass ich älter werde und genau in jene Falle trete, in die vor mir auch schon meine Eltern und deren Eltern getreten sind, nämlich in die des Vergessens? Natürlich rede ich von der Jugend: Die jetzige ist definitiv anders!
Es war wieder soweit: Der Besuch einer großen Fachmesse für Konsumentenelektronik.
Viele Jahre schon pilgere ich- und mit mir viele Kollegen und Ex-Kollegen zu diesem Tempel der Elektronikbranche. Und wie jedes Jahr treffen sich die Branchengrößen und jene, die es gerne werden wollen, um der Welt zu zeigen, was sie im Stande sind zu tun und inwiefern sie dabei besser sind als ihre Konkurrenz.
Bei manchen Unternehmen wirkt alles, was entwickelt, gestaltet und kommuniziert wird, wie aus einem Guss, ganz als ob ein einziger Designer die Gestaltungshoheit innehat. Die Marken dieser ‚Champions League‘ dienen all jenen Unternehmen als Vorbild, die erkannt haben, dass man mit einem orchestrierten Auftreten an allen Kontaktpunkten seine Identität glaubhaft macht und damit eine wichtige Grundlage für nachhaltige Kundenbindung schafft. Denn genau wie einem falsch spielenden Orchester laufen auch einem Unternehmen die Kunden davon, wenn es nicht in der Lage ist, das ‚Zusammenspiel‘ seiner Aktivitäten zu verschmelzen und einheitlich auftreten zu lassen.
Ich berichtete ja schon über die Kochprofis…
Wo findet man heute noch einen Warenkatalog? Diese inzwischen fast ausgestorbene Gattung, liegt sie auf dem Küchentisch, im Zeitschriftenkorb oder vielleicht auf dem stillen Örtchen?
Das Projektteam tagte und die Vertreter der verschiedenen Abteilungen trafen sich im ‚war-room‘. Dort wurde an den Wänden der aktuelle Status präsentiert. Meine Entwürfe waren, wohl vom Projektleiter, mit leuchtenden Post-it-Stickern samt Ausrufezeichen gekennzeichnet worden und ich fragte mich, ob das etwas Gutes bedeutete…
Da war sie wieder, die Schlagzeile im Wirtschaftsteil der Tageszeitung: Es geht bergauf mit der Wirtschaft!
Gemäß der günstigen Lage haben die Vorstände der DAX-Unternehmen ihren verdienten Lohn gleich mit nach oben korrigiert. Denn es waren ja auch wirklich harte Zeiten für die Herren im Maßanzug: Mit aufgekrempelten Ärmeln standen sie knietief im Mist der Krise und päppelten mit vollem Einsatz ihre angeschlagenen Betriebe wieder auf, damit wir nun alle positiv in die Zukunft blicken können – Jetzt rollt der Rubel wieder!
Es waren harte Zeiten für mich als Designer: Die Arbeit in einem Großunternehmen, das sich seit einiger Zeit vor allem über finanzielle Kennzahlen darstellt, wie Umsatz, Margen, Rendite und so weiter, dreht sich irgendwann, auch für einen Designer, nur um dieses Thema. Unausweichlich kommt dann die Frage nach der Rendite aus dem Aufwand: „Was bekomme ich für jeden Euro, den ich an Design ausgebe, wieder zurück?“ Was ist der ROI (Return on Investment = Kapitalrendite) von Design?
Es war ein klassischer Designjob: Die vorgegebene technische Platform war als solches nicht wirklich herausragend (vielleicht bis auf die neue ultra-schnelle Laserabtastung), auch die Funktionalität war nicht wirklich differenzierend gegenüber der der Konkurrenz (wieso auch, es handelte sich schließlich um eine Computermaus…), also musste das Design den Unterschied machen.
Risikovermeidung ist in aller Munde, nicht nur seit wir alle befürchten, uns könne nun dasselbe Schicksal treffen wie die Menschen in Japan.
Die kollektive Angst, die gerade in Deutschland auf fruchtbarem Boden gedeiht, hat eines unserer Grundbedürfnisse nur noch weiter gestärkt: Wir wollen unbedingt, dass unser Leben so weitergeht, wie wir es gerade jetzt erleben oder uns vorstellen- geregelt, sicher, glücklich und gerecht.