Gut, dass es Designer gibt, die die Dinge aus einer anderen Sichtweise betrachten und somit zu neuen, relevanten Einsichten kommen, oder? Es ist nicht so, dass nur Designer dies können – es kommt auf ein ‚designhaftes‘ Denken an, das mit Neugierde und Empathie Bestehendes zum Besseren verändern will – dies können also im Prinzip fast alle. Allerdings müssen sie dafür ein kreatives Denken mitbringen, dass das Bessere gestalten und formen kann, als auch eine Form der Empathie, sich vorstellen zu können, wie sich dieses ‚Bessere‘ für andere auswirkt und somit tatsächlich als ‚besser‘ empfunden wird. Da wird die Luft dann etwas dünner.
Es war ein schrecklicher Anblick: Ein Wirrwarr an Kabeln, Schläuchen und Metallteilen hing von der Decke herunter und verlieh dem Ganzen den Eindruck einer Folterkammer, ganz so wie man es aus den alten schwarz-weiß-Horrorfilmen kennt – Frankenstein lässt grüßen. Für das Personal schien dieser Eindruck eher Nebensache, denn das Hauptaugenmerk lag ganz beim Patienten. Wie ich noch herausfinden sollte: Gemeint war der ‚medizinische Fall‘ des Patienten und nicht zwangsläufig auch dessen Befindlichkeit- ein subtiler, aber wichtiger Punkt.
Bei diesem Entwurf teilte sich die Jury des Designpreises in zwei Lager: Die Einen fanden es einen gelungenen Versuch, den Anforderungen der ‚Generation Digital‘ und deren Lifestyle gerecht zu werden, die anderen verzogen ratlos und teils auch angewidert ihre Gesichter, bei so viel Hightech, Glanz, Display und ‚Digital‘.
Wie auch immer die Meinungen lauteten, alle einigten sich allerdings darauf, dass hier gestalterisch geklotzt wurde und nicht gekleckert…! Und somit kam der Entwurf eines Auto-Interieurs eine Runde weiter.
Es war eine Designveranstaltung wie viele andere auch. Anschließend war ‚Bühne frei‘ für die Befragung: Die Zuhörer hatten jetzt die Gelegenheit, den Referenten auf den Zahn zu fühlen, wovon einige sofort emsig Gebrauch machten. Und es war nur eine Frage von Minuten, bis sie kommen würde, nämlich die Frage nach dem Stellenwert des Designs im Unternehmen!
Ratlos stand er vor der Tür, wo er energisch versuchte, mit seinem Mitarbeiterausweis (alle Mitarbeiter hatten so eine typische weiße Plastikkarte, samt ‚Clip‘) sich Zugang zu verschaffen. En passant befreite ich ihn im Vorbeigehen aus seiner Lage, indem ich mit meinem Ausweis die Türverriegelung öffnete und ihn hereinbat. Es stellte sich rasch heraus, dass er eh zu mir wollte. „Wieso ist in eurem Bereich die Tür für Mitarbeiter verschlossen, wollte er gleich darauf wissen, es gibt doch eine Eingangskontrolle beim Haupteingang?“
Ich weiß, man begibt sich aufs Glatteis: Wer versucht, den Unterschied zwischen Design und Kunst zu erörtern, droht schnell einzubrechen und sich nasse Füße zu holen – also lässt man es lieber gleich sein, oder?
Jedoch, wo ich jetzt in einem Department für Design und Kunst arbeite, will ich mal einen Versuch wagen: Denn eine spannende Frage ist es allemal: Ist Design nun Kunst und kann Kunst Design sein? Wo hört Kunst auf, wo fängt Design an? Was haben beide gemeinsam, dass sie so oft in einem Atemzug genannt werden und dass Blogs zu diesem Thema schier endlose Kommentarthreads erzeugen?
Jetzt, nach vielen Jahren der Zusammenarbeit, weiß ich, dass er großen Respekt vor der Sache hat – vor Design und den Designern. Vielmehr glaube ich sogar, dass er uns Designer insgeheim bewundert. Seine anfänglich abweisende Haltung gegenüber Vertretern unserer Gattung resultierte, glaube ich, aus der Gewissheit, dass er nie das machen kann, was Designer tun, aber die Designer vielleicht doch dasjenige, was er tut – wenn sie nur wollten… Aber zum Glück wollen die ja gar nicht!
Kürzlich lief ich über einen Jahrmarkt und entdeckte einen Stand, indem ein Handwerker Körbe flocht. Andächtig blieb ich stehen und beobachtet den Korbflechter bei seiner Arbeit. Die Handgriffe saßen und er war sogar in der Lage, sich während des Flechtens, mit den interessierten Passenten zu unterhalten. Auf einmal hielt er inne – er war gerade halbwegs fertig mit einem Korb – als ob er fühlte, dass etwas nicht in Ordnung war: Tatsächlich hatte das Geflecht auf der Unterseite eine andere Farbe und war dünner als Oben, also zupfte er alles wieder auseinander und fing von Neuem an.
Er war wirklich ‚speziell‘, sehr höflich gesagt.
Nein, er war ein regelrechter Choleriker, ein Hysteriker und narzisstisch dazu, getrieben und penetrant, engstirnig und nachtragend. Er ließ nicht locker, war rüde und direkt, konfrontierend, unsensibel und obsessiv darin, dass alles, was er tat und andere für ihn taten, einfach nur perfekt sein musste. Irrsinnig großartig eben.
Wenn man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht, bedeutet das nicht, dass man nichts mehr sieht: Es fehlt einem nur der Fokus auf das, was wesentlich ist. Man kann nicht mehr ’scharf stellen‘ und somit nicht mehr jene Dinge ausblenden, die nicht in den Fokus gehören. Oft geht einem dasselbe so, z. B. wenn man in Geschäften die Auslagen betrachtet oder das Angebot sondiert. Zumeist läuft man dann ohne Etwas wieder aus dem Laden – Overload führt zu Lähmung, ein Zuviel an Information verhindert das Erkennen des Wesentlichen.