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Das kam hart an: die Studenten bestaunten die Tabelle und tuschelten angeregt, bis eine das Wort ergriff: „Geld ist eben nicht alles, man muss auch Spaß haben am Job!“ Anlass war eine Übersicht in einer Broschüre von Einstiegsgehältern, aufgeteilt nach Fachbereichen: Design lag abgeschlagen auf dem letzten Platz, satte 22% weniger als der nächst bessere Fachbereich…

Die Tabelle führte die üblichen Berufsgattungen auf, für die man an einer Hochschule einen Bachelor-Abschluss erwerben kann. Nebst Design waren da noch Wirtschaft, Technik, Bau, Musik, Soziale Arbeit und IT.
Natürlich sind solche Angaben von Gehältern nur Durchschnittswerte und sicherlich eine Momentaufnahme – es gibt Besserverdienende, aber auch viele, die wesentlich weniger erhalten… Und es gibt sicherlich noch andere Faktoren, die man sich aus dem Daumen saugen kann, um das Bild zu beschönigen. Fakt ist: Designabsolventen verdienen weniger als andere, die eine Hochschule verlassen. Die Frage ist nur, warum?

Wenn Sie als Dozent eine Klasse von jungen Menschen begleiten, auf ihrem Weg in die professionelle Beschäftigung, dann möchten Sie, dass diese gut ‚ankommen‘: Sie sollen nicht nur die Aufgaben, die sich ihnen stellen, gut meistern können, auch möchten Sie, dass sie ‚entsprechend‘ honoriert werden. Und was entsprechend ist, ist offensichtlich sehr relativ und abhängig von vielen Faktoren.
Zuerst einmal gibt es das ‚Einkommen‘ der Design-Arbeitgeber selbst: Wenn Designagenturen selbst wenig verdienen, können sie auch wenig zahlen – und dies trifft natürlich auch auf die selbstständigen Designer zu. Denn wenn man sich die gängigen Tarife für Designarbeiten anschaut, wundert einen dies nicht. Wer mag, kann hier nachschauen: Link

Das geringe Einkommen vieler Design-Arbeitgeber (und der vielen Selbstständigen) ist natürlich nur ein Symptom, das von etwas Fundamentalem herrührt: Design scheint nichts wert zu sein!
Ist das, was ein Designer als Output erzeugt, als Input für eine Wertschöpfung tatsächlich nur marginal? Wesentlich weniger ‚wertvoll‘ als zum Beispiel eine technische Spezifikation für eine Maschine oder ein Marketingplan für eben diese Maschine? Liegt es vielleicht daran, dass Design im Prozess der Wertschöpfung meist nur ‚hinzugefügt‘ wird – so ganz am Ende, zum ‚Hübsch machen‘? Oder vielleicht auch daran, dass man der Designarbeit zu wenig Zeit einräumt? (Und daher fällt die Entlohnung so schmal aus.)
Vielleicht aber ist das Designen den Designern selbst so viel wert, dass sie es auch einfach so machen würden. Auch ohne entsprechende Honorierung.

In den meisten Fällen wird der Preis für eine Designarbeit auf der Basis von einem geschätzten Aufwand errechnet. Der tatsächliche Aufwand fällt aber in der Regel wesentlich höher aus: Hohe intrinsische Motivation, die Freude am Gestalten und der hohe Anspruch an der Qualität des Endproduktes (Das Portfolio!!) lässt manche Designer länger am ‚Zeichenbrett‘ verweilen, als finanziell gut für sie wäre. Dass Designer immer noch eins ‚drauf‘ legen können, kennen sie noch aus der Kindheit. 
Und ich habe mir sagen lassen, dass sogar Berater bei McKinsey eine Nachtschicht einlegen für eine noch bessere Powerpoint. Also ist die nach Aufwand basierte Entlohnung wohl ein allgemeines, ‚verflixtes‘ Problem…

Meine Befürchtung ist, dass es an beidem liegt: Das Design wird nicht wertgeschätzt (Welcher Designer – außer Johnny Ive bei Apple – sitzt schon im Vorstand eines Unternehmens?) und die Designer schätzen den Wert ihrer Arbeit falsch ein.
Und ich glaube auch, dass diese Probleme ‚hausgemacht‘ sind: Die Ausbildung zum Designer ist nicht umfassend genug. Die Designausbildung muss sich nicht nur auf die Qualität des Werks richten, sondern auch auf die Qualität des Wertes – und dies auch im finanziellen Sinn. Und das ist selten der Fall: Schon bei der Bearbeitung einer Excel-Tabelle steigen die meisten Gestalter aus.
Designer müssen viel stärker über den Wertbeitrag, den sie bewirken, argumentieren können, statt nur über die Einmaligkeit und Qualität ihrer Werke: Portfolios sind gut und nötig, aber sie reduzieren das Design auf ein Handwerk, das, wenn gut ‚beauftragt‘, für möglichst wenig Geld zu erwerben ist. Wenn Design wirklich ein Handwerk ist, dann reicht auch eine Handwerksausbildung.

Wenn Design jedoch an einer Hochschule vermittelt wird, dann muss es Kompetenzen vermitteln, die das Hand-werk übersteigen und den Designer befähigen, seinen Wertbeitrag zu argumentieren, um sich selber vor Ausbeutung in Schutz zu nehmen. Vertieftes Wissen über Betriebswirtschaft und Wertschöpfung und die Fähigkeiten zur sachlichen Argumentation über den Wert des Designs. Denn auch mit diesen eher trockenen Kompetenzen kann man am Job im Design so richtig Spaß haben!

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  1. Rolf Lechtenberg sagt:

    Zur Ergänzung: Es gibt noch einen(!) weiteren Industrial Designer im Vorstand eines großen Unternehmens: Peter Schreyer bei KIA.
    Designer sind eine vielversprechende Mischung: hochqualfizierte Spezialisten, Generalisten und hervorragende Produktmanager zugleich. Es fehlt aber das entsprechende Renommee und manchmal auch etwas gesunder Ehrgeiz, um in interessante Schlüsselpositionen zu gelangen.

    Auch sehr lesenswert: Chris Dercon zum Thema Selbstausbeutung der Kreativwirtschaft
    „Das Künstlerprekariat sitzt in der Falle“
    Beste Grüße
    Rolf