nickerchen

Es war ein Saal voller Angestellten. Nach und nach nahmen sie Platz und wirkten nicht wirklich begeistert: Stand doch mein Vortrag zwischen dem eben erst genossenen Abendessen und einem vergnüglichen Zusammensein an der Bar! Und somit gab’s für mich die Aufgabe, diese Angestellten davon abzuhalten, laut schnarchend die anderen auch zum Einschlafen zu verleiten.

Wer viel vor solchem Publikum steht, der weiß, wie schwierig es ist, nach dem Mittag- oder Abendessen sein Publikum bei Laune zu halten. Veranstalter buchen daher vorwiegend quirlige und lebhafte Entertainer für den ‚Dip‘ nach der Pause, in der Hoffnung, die Bande setzt sich nicht vorher ab in Richtung Bar und verpasst somit Wichtiges.
Stellt sich jetzt die Frage, ob ich mich in diesem Fall auch zu den ‚Animateuren‘ zählen muss, oder ob mein Vortrag zudem ‚wichtig‘ war. Zur Ehrenrettung sei gesagt, dass alle blieben und nur zwei von fünfzig schnarchten. Denn was die Truppe bei Laune hielt, war nicht (nur) mein Vortragsstil, sondern vor allem das Thema des Vortrags und die Irritation, die es bei den Angestellten auslöste. Es ging letztendlich um sie selbst, um ihre Zukunft.

Anschließend überlegten sich viele – manche mehr, andere weniger – ob sie selber wohl in der Lage wären, die These des Vortrages in ihrem Job zu erfüllen, nämlich alles auf den Menschen auszurichten. Nein, nicht nur auf jene Menschen, die sie morgens im Spiegel sehen, beim Frühstück und dann den Rest des Tages im Büro, sondern vor allem auf jene, die das, was ihr Unternehmen produziert, gegen Zahlung nutzen möchten: die Kunden!
Täten sie das nicht, so die These weiter, wären sie alle ihren Job los! Worauf auch die Schnarcher wieder hellwach waren.

Man sollte glauben, dass auch Bankangestellte oder Versicherungsangestellte genau wissen, wann ihre Kunden einen ‚Dip‘ haben, wie sie fühlen und was sie brauchen, jedoch erstaunt es immer wieder, wie einseitig deren Vorgehen ist. Es beschränkt sich in der Regel auf die konkreten Seiten ihres Faches, die rationellen Dinge des Geschäfts, messbare Größen und kalkulierte Abwägungen.
Eine quasi oppositionelle, weil vertrauensbasierte Abwägung, die abstrakten Seiten des Faches, die emotionalen Seiten des Geschäfts und ‚fühlbare‘ Größen – sie scheinen in ihrem althergebrachten Wirtschaften gar nicht vorgesehen. Dabei kann man doch Kunden genau über dieses ‚emotionale‘ Wissen am besten verstehen, kann ihren Bedürfnissen so am besten gerecht werden… Die Angestellten sind in einem industriellen Denken gefangen- einem Denken, dem man nur schwierig entkommt, wie dem Einnicken nach dem Mittagstisch.

Von der Brisanz der These animiert, wollte ein Angestellter gerne ein Beispiel, wie sich dieses ‚andere‘ Denken etwa im Bankgeschäft auswirken könnte: ob ich da einen Vorschlag machen könnte? Ich konnte, ganz aus eigener Erfahrung und ganz so, wie wir alle sie machen. Mein Vorschlag lautete: „Eine Bank denkt nur an sich und nicht an mich, wenn sie mir zum Beispiel ein Firmenkonto anbietet: Sie bietet mir das an, was sie kann und nicht das, was ich brauche. Sie hofft, dies sei das gleiche, ist es aber nicht. Was ich brauche, z.B. als Selbstständiger, ist die volle Konzentration auf das, was ich kann: auf mein Kerngeschäft. Sachen, die nicht dazu gehören, sind Banking, Rechnungswesen, Steuerwesen, Juristerei und Versicherungen etc. Und mit was beschäftige ich mich in meinem ‚Unternehmen‘ gefühlt am meisten, was lenkt mich von meinem Kerngeschäft dauernd ab? Genau diese Sachen!

Warum hat die Bank mir dies nicht abgenommen? Sie kann mir doch das Rechnungswesen abnehmen (eh alles online) und meinen Kunden die Rechnungen schicken, die Umsatzsteuer abführen (auch online), meine Ausgaben kontieren (zahle eh alles mit deren Karte), alles fristgerecht dem Steueramt übersenden (auch online) und meine Verträge prüfen (die kennen sich aus). Für den ganzen (eh automatisierten) Aufwand hätte ich gut und gerne 5% von meinem Umsatz hergegeben!

Tja, wo war die Bank? Sagen Sie bloß nicht, die machte gerade ein Nickerchen! Oder steckte sie etwa fest in einer Krise?

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  1. Heinz Jürgen sagt:

    …. da hast du ja ‚mal wieder den Nagel auf den Kopf getroffen! Wie machst du das eigentlich während eines Nickerchens? Chapeau.
    Gruß
    Heinz Jürgen

    • … danke! Du, im Schlaf kommen eh die besten Ideen. Schade nur, dass man sie alle wieder vergisst, wenn man ausgeträumt hat! Manche Sachen sind jedoch so penetrant, die bleiben ‚kleben‘!
      Gruss

  2. ha sagt:

    …also ich bin bei der Easy online Bank. Da kann ich alles, was ich zuvor bei der Bank Austria wegen unflexiblen Öffnungszeiten nicht machen konnte, gratis (Giro Kto.) und online machen. Habe schon lange keine Bank mehr von innen gesehen und es geht mir nicht ab. Die sog. Berater sind zwar meist freundlich, aber selten kompetent und eben Verkäufer gewesen, wenn sie verfügbar waren. Bleibt nur zu hoffen, dass der Laden dicht gegen Hacker bleibt und nicht wie die Unikredit vor kurzem geknackt wird. Allerdings wäre das System sicher noch ausbaubar und auf die verschiedensten Ansprüche (online banking module) anpassbar…