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Schon mal einen Porsche gekauft?
Wenn ja, dann haben Sie vermutlich sich einen Kindheitstraum erfüllt oder Sie hatten einfach zu viel Geld. So oder so, das Kaufen erweist sich dabei als geradezu einfach, ebenso wohl die erste Fahrt vom Hof des Händlers, aber spätestens nach einer feisten Runde auf dem Nürburgring wissen Sie: Wenn man den Rennwagen so richtig auskosten möchte, bedarf es mehr als finanzieller Ressourcen und Begeisterung!

Um die Vorzüge eines Rennwagens wirklich zu nutzen, muss man sich vorbereiten und entsprechende Fähigkeiten entwickeln, will man sich nicht unversehens um den nächsten Baum wickeln… Daher ist es völlig normal, dass man sich nach dem Erwerb eines Rennwagens auch einem entsprechenden Fahrertraining unterzieht. Wer will schon sein Investment gleich an die Wand fahren?

Was bei Investitionen in ein Rennwagen, ein Rennrad oder auch ein Segelboot völlig normal erscheint, ist bei Investments in Unternehmen nicht viel anders: Auch dort muss man sich vorbereiten und den ‚Organismus‘ entsprechend trainieren. Wer sich zum Beispiel eine neue Fertigungsmaschine zulegt, bereitet die Belegschaft und die Involvierten entsprechend vor – das ist doch klar! Ob neue Anschaffungen, neue Prozesse oder neue Regelungen: Man entwickelt die Organisation und sorgt so dafür, dass sich die Mühe und das investierte Geld auszahlen werden.

Für viele Unternehmen ist die Durchführung eines Designprojektes nicht unähnlich der Anschaffung von einem Porsche: In der Regel hat man bereits einen Prozess, Produkte zu konzipieren und zu entwickeln, aber man möchte etwas hinzufügen, das die Entwicklung effektiver gestaltet. Designprojekte sind, wie Sportwagen, meist eine zugefügte Option – nicht die Grundausstattung. Sie werden erst dann initiiert, wenn das Unternehmen so richtig Gas geben möchte…
So weit – so gut. Ich kann damit leben, dass Unternehmen Design als Turbo für ihre schwachbrüstigen Entwicklungen einsetzen, obwohl man sicher besser beraten wäre, die Vorzüge des effektiven ‚Fahrens‘ gleich von Anfang an zu berücksichtigen. Was ich aber nicht verstehe, ist, dass so viele Unternehmen glauben, sie könnten, trotz dieser Einstellung, das Design ganz ohne Vorbereitung und nachgelagertem Training aufnehmen! Kein Wunder, wenn die teuren Investitionen in neue Designprojekte (meistens als Design Thinking oder als Service Design bezeichnet) aus Mangel an Training schlichtweg an die Wand gefahren werden! Immer wieder berichten mir Designagenturen und Unternehmenslenker davon, dass die anfängliche Euphorie über das Designprojekt verhallt und sich sogar umkehrt, sobald die Organisation das Ergebnis umsetzen muss. In der Tat, ganz so, als ob man jemanden ohne Vorbereitung und Schulung mit einem getunten Porsche auf die Nordschleife schickt – am besten noch mit der Auflage, diese in unter 7 Minuten zu meistern…

Die Verheißungen des Design Thinking oder des Service-, UX- oder Experience Designs sind ähnlich groß wie die einer sportlichen Karre: Sie versprechen Effektivität, Erkenntnis und Erlebnis – und sie können dies auch liefern, jedoch nur dem, der sich hierauf gehörig vorbereitet! Daher sollte jedem Unternehmen (und auch jedem Designer) klar sein, dass Designaktivitäten einer vorbereiteten Organisation bedarf, damit man die Power auch auf die Straße bringen kann. Hierfür benötigt man die passgenaue Qualität der Führung, der Prozesse und der Umsetzung.

Als erstes muss die Organisation auf die Zielsetzung vorbereitet werden, die man mit dem Designprojekt erreichen will. Die Führung sollte dafür sorgen, dass diese nicht zu komplex ausfällt („das können wir eh nicht!“) oder keine Relevanz darstellt („das ist doch nichts für uns!“).
Die gesamte Organisation muss ich in der Zielsetzung wiederfinden können.

Dann gilt es, die unternehmensweiten Prozesse so aufzustellen, dass sie alle Involventen zur aktiven Mitarbeit führen. Der Prozess sorgt dafür, dass man das Designprojekt aufnimmt und nicht verschiebt („dafür haben wir keine Zeit!“) oder gar ablehnt („das ist doch Sache von der Designabteilung!“).
Die Organisation muss der Zielsetzung die richtige Priorität beimessen.

Zu guter Letzt gilt es sicherzustellen, dass die Organisation die Ziele überhaupt umsetzen kann. Hier sorgt eine geführte Implementierung dafür, dass das Projekt nicht missbraucht wird („das zeigen wir eh nur auf der Messe!“) oder falsch umgesetzt wird („machen wir aus Plastik, sieht doch keiner!“).
Die Organisation muss die nötigen Kompetenzen erwerben.

Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, dann kann die Organisation das Designprojekt mit Sicherheit nicht stemmen. Die Symptome einer unvorbereiteten Organisation sind entsprechend vielfältig. In solchen Organisationen werden die Designlösungen:
– nicht von allen akzeptiert (der Vertrieb sagt, das lässt sich nicht verkaufen…)
– nur für PR-Zwecke gut (nur das Marketing bestellt ein Muster für die Messe…)
– nur halbherzig umgesetzt (die Ingenieure haben das letzte Wort, nicht die Designer…)
– gar nicht umsetzbar (die Designer wissen nicht, was die Fertigung kann…)
– nicht kundenzentriert (der Chef hat sich was Tolles ausgedacht…)

Wer also plant, ein Designprojekt aufzunehmen, der lässt sich bitte nicht blenden von der Werbebroschüre der Agenturen oder von den finanziellen Ressourcen potenter Auftraggeber! Wie beim Porschefahren benötigt man die richtige Vorbereitung und die entsprechenden Kompetenzen, die Fahrt zielführend zu Ende zu bringen. Denn jede Arbeit an einem Designprojekt ist auch die Arbeit an der Organisation – die Euphorie alleine reicht nicht aus; auf das richtige Training kommt es an!

Ende dieses Jahres erscheint mein deutschsprachiges Buch „Leading Design“, indem ich ausführlich berichten werde, wie Organisationen ihr Design führen und so sicher stellen können, dass sich die Investitionen ins Design auch auszahlen!

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