die augen

Haben Sie sich nie gefragt, warum wir die Augen nebeneinander haben- und zum Beispiel nicht übereinander, oder eines vorn und eines hinten? Biologisch hat sich die parallele Anordnung eindeutig durchgesetzt, nicht nur bei der menschlichen Spezies. Und diese genetische Präferenz beeinflusst unser Verhalten und wie wir die Dinge sehen: vornehmlich streng fokussiert. Daher belächeln wir den „Hans-guck-in-die-Luft“, wenn er wieder vor die Laterne läuft oder in die Grube fällt, und bedauern die Kuh, die nichts bemerkt, wenn der Metzger direkt vor ihr steht. Wir richten unseren Blick auf das, was sich direkt vor unserem Auge abspielt!

Denn unsere Abstammung von räuberischen Vorfahren sorgt dafür, dass wir mit streng nach vorn gerichteten Augen unsere Ziele effektiver ins Visier nehmen können. Wir sind Killer: Wären wir Fluchttiere, wie eben Kühe oder Kaninchen, dann hätten wir die Augen bei unseren Ohren kleben und sähen die Welt sicherlich ganz anders. Aber dem ist nicht so und wir sind dazu gezwungen, die Welt unmittelbar vor uns in Augenschein zu nehmen und verfallen daher leicht dem ‚Tunnelblick‘. Und dazu können wir noch nicht mal unseren Kopf um 180° drehen!

Nur logisch, dass diese biologisch bedingte Sichtweise daher auch unsere Sicht auf die Herausforderungen, die sich uns im täglichen Berufsleben so stellen, bestimmt. Wir passen vor allem dann auf, wenn es klare Ziele gibt und unser Killer-Instinkt sich austoben kann. Je deutlicher sich ein ‚Ziel‘ direkt vor unseren Augen aufbaut, desto einfacher ist es für uns, darauf los zu steuern. Und hierbei unterscheiden sich – auch biologisch – Frauen nicht von Männern.

Umso weniger verwundert es einen, dass in Organisationen die Ziele auch so angelegt sind: möglichst eindeutig und durch ein System der Messung im Erfolg bestätigt. Denn ohne ein klares Ziel und ohne die Bestätigung, dass wir ‚getroffen‘ haben, können wir scheinbar nicht erfolgreich sein.
Immerzu neue Ziele müssen wir erreichen: sei es noch größer zu werden, zu siegen oder zu besitzen. Und wenn wir es haben, das Ziel, dann brauchen wir neue! Heute 1%, morgen 2%; zuerst 100 PS, dann 200 PS; Heute 65 Kilo, im Juli 60 Kilo!!! Vernichten wir mit unseren Zielen die Welt (oder uns selbst), dann bauen wir mit neuen Zielen alles wieder auf!
Hätte der Liebe Gott unsere Augen an den Ohren angesiedelt, dann säßen wir sicherlich noch im ‚Garten Eden‘ und kauten, wie die Kühe, am ‚Gras‘ herum. Den Apfel hätten wir nie in den Fokus genommen.
Nein, nun lässt der gute Herr Maslow grüßen: Wir geben erst auf, wenn wir ganz oben auf der Leiter stehen!

Inzwischen haben wir aber in einigen Kulturen die oberste Sprosse erklommen und sehen von da oben, wie sich der Weg dorthin als Sackgasse erwiesen hat: es geht nicht mehr weiter, keine neuen Bedürfnisziele mehr, nur noch eine Steigerung des Gleichen ist möglich, aber auch das bringt uns nicht weiter! Die post-moderne Realität scheint sich zu behaupten, wir drehen uns im Kreise.

Was sind denn jetzt die neuen Ziele, die wir avisieren können? Oder müssen wir vielleicht akzeptieren, dass wir keine neuen mehr brauchen? Kann zum Beispiel ein Unternehmen existieren, wenn es sprichwörtlich grast, statt zu jagen? Kann man mit diesem ‚fokussierenden‘, jagenden Menschen überhaupt eine Gesellschaft schaffen, die auf Dinge wie Nächstenliebe, Wohlstand, Glück und Zufriedenheit zielt – Dinge, die, so wenn man sie hat, nicht mehr gesteigert werden können? Oder geraten wir dann in Panik, weil wir befürchten, dass uns jemand beim gemütlichen Grasen ins Visier nimmt und uns von der Bildfläche ballert?

Wir müssen diesen Zwang, uns auf immer neue Ziele zu richten, langsam aber sicher überwinden, wenn wir nicht von der Leiter herunterfallen wollen. Wir brauchen eine neue Sicht auf das, was uns antreibt, und müssen das, was wir haben, mit neuen Augen betrachten.
Vielleicht sollten wir es uns gemütlich machen, unsere Welt entsprechend gestalten und uns dann zur Ruhe setzen! Statt ständig zu erneuern, die alten Dinge zu verbessern; statt nach Besitz zu gieren, ihn zu teilen; statt räuberisch zu jagen, nachhaltig ‚grasen‘.

Geht nicht, sagen Sie? Ach ja: unsere Augen….!

Antworte auf Jens Bothmer Cancel Reply

  1. harald sagt:

    Irgendwie hinkt der vergleich aus der biologie. Gefahr zu erkennen ist zu wenig- auch raubtiere mit (zur flucht) nach vorne gerichteten augen flüchten vor grösseren tieren. Der mensch erkennt zwar gefahr durch seinen intellekt, verdrängt diese jedoch gerne bzw. zieht sich eher zurück (Biedermeier,Cocooning), anstatt aktiv an der überwindung zu arbeiten. Also quasi faules Raubfluchttier 😉 – was auch erklärt, warum (weiter)entwicklung meist länger dauert als angenommen. Und manchmal ‚flüchten‘ wir auch in die falsche richtung! lg ha

    • Na ja, das Lexikon sagt: „Bei Raubtieren ist es besonders wichtig, Entfernungen einschätzen zu können, wenn sie ihrer Beute nachjagen.

      Deshalb sind die Augen der Raubtiere nach vorne gerichtet und besonders scharf.

      Pflanzenfresser brauchen die Augen zur Verteidigung: Sie müssen die ganze Umgebung im Auge behalten, falls ein Feind in der Nähe ist.

      Deshalb sind die Augen der Pflanzenfresser an der Seite des Kopfes.“

      Denke, damit ist viel gesagt. Wenn wir flüchten, dann meist nur nach vorne (Tunnelblick)!

  2. Jens Bothmer sagt:

    Wir sind und bleiben Raubtiere. Daher sind die Augen weit vorne. Ein weiterer Beweis sind unsere Eckzähne. Außerdem essen wir gern Fleisch im Rudel.Der Anführer bekommt häufig immer noch das größte Stück. 🙂 Nachhaltig grasen übernehmen Fluchttiere und das sind wir wohl nicht. Da hilft nur Bewusstsein, Bewusstsein, Bewusstsein…