besser

Wo findet man heute noch einen Warenkatalog? Diese inzwischen fast ausgestorbene Gattung, liegt sie auf dem Küchentisch, im Zeitschriftenkorb oder vielleicht auf dem stillen Örtchen?

Stunden kann man darin stöbern und sich all die schönen Produkte anschauen, die darin angeboten werden. Der Katalog aller Kataloge ist neben dem von IKEA natürlich der Manufactum-Katalog – da gibt es sie noch, die guten Dinge! Lauter Produkte von zeitloser Eleganz und Qualität, die das Potenzial haben, lange zu halten und mit seinem Besitzer in die Rente zu gehen. Sie stehen über kurzlebigen Trends und sind wahre Klassiker, obwohl man sie neu kaufen kann. Da macht es auch nichts, dass der Katalog meist schon recht abgegriffen und längst abgelaufen ist- im Gegenteil! Der Grund, warum dieser Katalog dann doch eher selten auf dem Couchtisch liegt, hängt wohl auch am Geschmack: Nicht jedem behagt das Design dieser Klassiker…

Jedoch bleibt bei der Betrachtung des Kataloges einiges hängen, was vor allem den Designer nachdenklich stimmt: Ist es wirklich so, dass alles, was heute gemacht wird, nicht besser ist als das, was in diesem ‚Knigge für Produkte‘ abgebildet ist?

Bei Manufactum heißt es, dass „Heute, spätestens, […] der Feind des Guten endgültig nicht mehr das Bessere [ist], sondern das Schlechtere, Billigere, Banale. […] Es gibt kaum ein Qualitätsprodukt, das nicht durch jämmerlich schlechte, aber viel billigere Konkurrenten und Nachahmungen gefährdet wäre. […] Wie viele der heute käuflichen Dinge vermöchten überhaupt noch irgendwann einmal zu einem liebevoll betrachteten, guten, alten Stück zu werden? „

Gute Frage. Da muss man sich als Designer auch gefallen lassen, dass nicht nur der Inhaber des Kataloges einen darauf anspricht: Wie ist es denn so, wenn man Sachen nicht besser, sondern banaler oder billiger machen muss? Ist Design nicht zu einem Mittel verkommen, immer kurzlebigere Verbrauchsgüter zu generieren, statt langlebige Gebrauchsgüter zu entwickeln? Wie fühlt man sich mit dieser Aufgabe als Designer?

Es ist tatsächlich so, dass viele Produkte nicht wirklich besser sind als ihre Vorgänger, sondern vielmehr das Gebrauchsgut neu gestalten und es in einem anderen ‚Design‘ re-interpretieren. Die Tatsache, dass man sich nicht zwingend einer ‚Geschmacksdoktrin‘ unterwerfen muss, ist auch besser als zu der Zeit, wo für Individualismus und Vielfalt kein Platz war. Solange die Produkte qualitativ nicht schlechter sind und langlebig konzipiert, sollte es möglich sein, Varianten zum Thema zu erzeugen, um somit der Individualität von Nutzern Rechnung zu tragen.

Kombiniert man diese Arbeit mit der Möglichkeit, das Produkt einfacher und preiswerter zu produzieren, kann man zudem dafür sorgen, dass es auch von Menschen erworben werden kann, die bisher finanziell nicht dazu in der Lage waren. Gute Designarbeit trägt so ja auch zur Demokratisierung der Gesellschaft bei.

Die Gefahr liegt wiederum in der Gier der Menschen, die die Mittel, die sie haben, nicht zum Besseren nutzen, sondern nur, um sich persönlich zu bereichern. Hier schlägt das Pendel oft zu weit aus und sorgt tatsächlich dafür, dass Produkte billig statt preiswert, zu Verbrauchsgut statt Gebrauchsgut und kurzlebig statt langlebig werden. Daher sollte jeder für sich, ob Designer, Kunde oder Mitarbeiter im Unternehmen, nach bestem Gewissen handeln und sich dieser Gier verweigern – sie führt nur in eine Richtung, nämlich in die Taschen von wenigen, die genauso leben wie ihr Produkt: kurzlebig, banal und überflüssig.

Bleibt noch das Gewissen der Designer, die ja davon leben, dass sich das Rad der Industrie weiter dreht und nicht als Sackgasse in einem Katalog für die Ewigkeit endet. Kann man sich da noch voller Überzeugung ans Werk machen?

Da halte ich es mit dem Zitat von Manufactum: „Der Feind des Guten ist das Bessere!“- und besser geht’s immer!

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