tango
Da war sie wieder, diese strikte Trennung zwischen dem, was wir als persönlich und dem, was wir als beruflich betrachten! Auf meine Bitte ans Publikum, den Grad der Kundenzentrierung auf einer Skala von ‚nicht‘ bis ‚total‘ abzubilden, wollte jemand wissen, ob man dabei seine persönliche Meinung oder die des Arbeitgebers wiedergeben sollte; das wäre doch ein großer Unterschied!
Viele trennen ihre persönliche Sicht strikt von der des Unternehmens, in dem sie arbeiten. Das mag manchmal hilfreich sein, vor allem dann, wenn man befürchten muss, wegen einer ‚abweichenden‘ Sicht seinen Job zu verlieren. Da viele den Job schlichtweg zum Leben brauchen, fällt es leichter, wenn man seine Sicht hinten anstellt und die des Arbeitgebers oder des Chefs über sich ergehen lässt. In diesem Feld der Abhängigkeit sind Ausnahmen die Regel: Nur wenige setzen sich über die Anweisungen des Chefs hinweg oder ignorieren die Doktrin des Arbeitgebers! Und wenn sie es dennoch tun, dann finden wir ihre Geschichten in der Presse wieder, meist nach dem Motto „Wie eine Mitarbeitende eigenmächtig, entgegen den Vorschriften des Chefs, dem Kunden dennoch behilflich war!“ Das mag toll sein als Geschichte, ist jedoch fatal für’s Unternehmen.
Trotzdem fordern Viele eine strikte Trennung von Arbeit und Persönlichem, wohl auch weil sie nicht daran glauben, dass sich Persönliches und Arbeit zum Guten vereinen lässt. Sicherlich – wer für einen Unterhalt arbeiten muss, hat nicht immer die freie Wahl, und daher sollte erst recht kein Mensch gegen seinen Willen für etwas oder für jemanden arbeiten müssen!
Im Umkehrschluss jedoch sollte daher auch kein Unternehmen gegen seinen Willen Menschen beschäftigen müssen, die nicht für das Unternehmen arbeiten wollen! Doch leider ist auch dies allzu oft der Fall. Auch Unternehmen sind in einer Abhängigkeit gefangen – denn ohne Angestellte und Lieferanten kommt kein Unternehmen zustande! Und da müssen auch die Unternehmer oft ‚klein beigeben‘ und nehmen, was sie bekommen können. Manches Unternehmen würde gerne ein besseres Humankapital besitzen, damit es sich im Wettbewerb noch besser behaupten kann! Entsprechend nervös agieren daher die Personalvorstände und chargieren zwischen Vertrauen und Kontrolle in der Mitarbeiterführung und -Selektion: Kaum schafft Microsoft das Notensystem bewusst ab, schon führt Yahoo es bewusst wieder ein…
Was für eine gute Zweisamkeit zwischen Unternehmen und Mitarbeitern nötig ist, scheint jedenfalls noch nicht überall gleich erkannt und gelebt. Dabei wissen beide Seiten, dass man gar nicht ohne einander auskommt. Deswegen heißt es auch so schön: „It takes two to tango!“
Jedoch scheinen bei der ‚Partnerwahl‘ viele ‚Paare‘ schlichtweg Pech gehabt zu haben: Man tritt sich auf die Füße, kann den anderen nicht riechen und kommt einfach, trotz vieler Bemühungen, nicht in den Rhythmus! Wohl auch aus Mangel an Alternativen holen dann viele tief Luft und machen den Tanz einfach solange mit, bis wieder Feierabend ist. Dort ist man dann, in seinem persönlichen Leben, wieder unter Menschen, die einem (hoffentlich!) zusagen – und setzt darauf, dass man irgendwann den richtigen ‚Tanz‘-Partner findet.
Dabei braucht es gar nicht viel, damit Unternehmen und Mitarbeiter gerne miteinander ‚tanzen‘: Zum guten Tanz braucht man zuerst mal eine gute Musik, die das Tanzpaar führt. Richtig gut getanzt wird allerdings erst dann, wenn diese Musik beiden Tänzern unter die Haut geht – wenn sie zum gemeinsamen Schwofen animiert! Jedoch zeigt ein Blick in die Unternehmen oft Mitarbeiter, die einsam Diskowackeln, womöglich noch zu Musik aus dem eigenen iPod! Von gemeinsamem Tanz keine Spur. Warum nur?
Was beim harmonischem Tanz die Musik ist, ist beim Unternehmen der Sinn – der muss auch unter die Haut gehen! Ein Unternehmen muss es schaffen, den Sinn des Unternehmens – also warum es das tut, was es tut – so klar zu vermitteln, dass es die Mitarbeiter zum Mit-Unternehmen animiert. Vermittelt das Unternehmen nur, was es tut, dann wirkt es auf die Mitarbeiter bestenfalls wie Marschmusik…
Wenn Mitarbeiter das ‚Warum‘ ihres Unternehmens teilen, sind sie besonders motiviert und wollen auch dann weiter Tanzen, wenn der Diskjockey Feierabend machen will. Dann entsteht ein Rhythmus, mit dem beide Seiten harmonieren, und dann tritt keiner den anderen mehr auf die Füße – im Gegenteil, die Harmonie wirkt ansteckend und animiert weitere, auch mitzumachen! Wenn nämlich die Kunden merken, dass ihre ‚Gastgeber‘ eine tolle Party schmeißen, und wenn sie spüren, dass die ‚Musik‘ auch ihnen unter die Haut geht, dann wollen auch sie dabei sein!
Falls nun Ihr ‚Tanzpartner‘ Mundgeruch hat oder Ihnen mal auf die Füße tritt – rennen Sie nicht gleich zur nächsten Party: Denn vielleicht geht es ihm genau so! Nehmen Sie die Stöpsel raus und versuchen Sie es doch mal mit einer anderen Musik, mit einer, die unter die Haut geht – „it takes two to tango!“
…. ich bin nicht wenig erstaunt: Dies ist wohl der Blog mit den meisten Kommentaren – offensichtlich also ein ganz heißes Thema! Wenn man „Musik“ durch „Geist“ i.S Spirit ersetzt, kommt man der eigentlichen Sache recht nahe.
Aber es geht auch viel einfacher = praktischer. Nehmen wir „Sport“, „Grillfest“, „Ausflug ins Grüne“ oder „Motorradfahren“. Damit kan jeder – geschäftlich oder privat, Kunde oder Mitarbeiter – etwas anfangen; das sind gelebte Beziehungen, die Emotionen erzeugen und Bindungen schaffen. Wer hat’s erfunden? Bspw. Rügenwalder Mühle, ein mittelständischer Hidden-Champion (Zitat: Uns verbindet mehr als unsere Arbeit) und nach meiner unmaßgeblichen Meinung ein Top-Unternehmen in der ansonsten arg gebeutelten Branche – guckst du
http://www.ruegenwalder.de/unsere-firma/unsere-mitarbeiter/
Hier gehts eindeutig um die Wurst, aber mindestens genau so um die Mitarbeiter, die diese fabrizieren. Ob die Wurst deswegen glücklicher und besser ist, kann ich via web (noch) nicht beurteilen.
In Österreich gibt es jedenfalls auch so einen Betrieb, http://www.gea.at/home.html mit einem sehr umtriebigen Gründer Heini Staudinger, der sich nicht nur für die regionale Produktion mit ansässigen Mitarbeitern einsetzt, sondern eine Vielzahl anderer Projekte, für die er sich von treuen KUNDEN statt von der Bank Geld ausgeliehen hat und von denen er überzeugt ist (Solarenergie, Magazin Brennstoff, Schulbau in Afrika etc.). Jetzt wird er von der Finanzmarktaufsicht geklagt, weil das ein Unternehmer direkt nicht machen darf, da hier ein finanzieller Schaden für die Kunden entstehen kann. Allerdings wieviele von uns haben schon viel Geld durch Geldanlagen bei Banken verloren, die uns oft und oft versichert haben, dass die Anlage absolut sicher ist?! Ganz zu schweigen von Krediten, auch wenn sie derzeit billigst zu haben sind.
Ich bin ein absoluter Fan von Familien- und Kleinbetrieben. Und noch besser von selbst organisierten Initiativen. Das ist zwar manchmal anstrengend, aber man kann den output massgeblich bestimmen. Eines unserer Kinder ist zB. in einer von uns mit verwalteten Kinderkrippe. Ehrlich, ich hätte anfangs nicht gedacht, dass so etwas funktionieren kann – tut es aber. In unserem Bezirk grassiert zudem das Guerilla Gardening, wo jede freie Grünfläche zum Gemüsegarten umfunktioniert wird bzw. Leute sich auf Äckern am Stadtrand Anbaufläche teilen.
Meiner Meinung ist all das ein klare Gegenbewegung zur immer globaler und anonymer werdenden Wirtschaft, die Identifikation mit dem Produkt bzw. den Unternehmen schafft, die uns verloren gegangen ist. Deshalb gehts vielen Weltkonzernen wie Siemens, Philips zunehmend schlechter. Dagegen können selbst die besten Marketingstrategien und Designer nicht an.
Offensichtlich gibt es einen fatalen Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und ungesundem Identitätsverlust mit all den scheußlichen Nebenwirkungen wie Arbeitnehmer Ausbeutung, Umweltverschmutzung etc.
Als Kind habe ich mich immer gefragt, warum der gebleichte, weiße Kristallzucker (durch Kristallisation aus Zuckerrüben) günstiger als der unbehandelte, braune Zucker ist, obwohl da noch zwei Arbeitsschritte dazukommen. (zudem gibt’s noch den braunen Rohrzucker aus tropischen Ländern, der klarerweise eindeutig teurer ist).
Heute frage ich mich, warum ist BIO zu fairen Preisen nicht Standard und alles andere ein NO-GO?!
Dass es manchen Großen an den Kragen geht, liegt nicht nur an der Größe (wie anonym und global), sondern vor allem am ‚falschen’ Sinn: Bei Philips machte vieles was sie mal herstelten einen Sinn für die Angestellten und den Konsumenten! Als ich dort anfing, stellten sie noch Matratzen, Klobrillen und Radaranlagen her… Mit der Ankunft des Shareholder Values, Ende der 90er, machte es keinen Sinn mehr, so etwas herzustellen: Es zählte nur das, was man bequem und schnell zu Geld machen konnte… Das man tolle Produkte entwickelte, interessierte nicht mehr, auch nicht, dass viele damit gut beschäftigt waren.
Ich denke dass sobald ein Unternehmen den Sinn nur im Geld verdienen sieht, es den wirklichen Sinn verloren hat. Die Mitarbeiter (und letztendlich auch die Kunden) folgen dem einfach nicht. Sie wollen vorrangig eine sinnvolle Arbeit – und dann erst Geld, damit sie diese Arbeit nachgehen können. Sogar bei den Banken scheint das langsam an zu kommen: Wer auf den falschen Sinn setzt, der ‚tanzt’ ganz schnell alleine! Aber es gibt halt noch viele, die mächtig darauf abfahren: und leider auch viele Kunden, denen der Geiz nicht geil genug sein kann!
Dein letztes Statement, Harald, darauf habe ich keine Antwort… oder liegt’s am falschen Sinn?
Schöne Analogie Jan-Erik! Es fehlt mir immer wieder auf, wie viel gute Beratung im Bereich Personalmanagement vorhanden ist – und wie schwierig es ist für die meisten Firmen diesen Rat umzusetzen. Leider hat Harald eher recht.
So siehts aus, Jan-Erik. Gute Musik ist SUPER wichtig. Welches Unternehmen kann unmittelbar, klar und verständlich und dann auch noch beeindruckend erzhählen WARUM es sie geibt und WARUM sie das tun was sie tun? Das geht über´s Geld verdienen weit hinaus. Richtig, die SINN-Frage…schwierig, schwierig. Aber letztendlich sind erstaunlicher weise genaud die Unternehmen erfolgreich, die eben eine Antwort darauf haben (siehe z.B. Apple). Andere Unternehmen wünschen sich ja auch den Erfolg. Nur sie haben eben keine „passende“ Musik. Schade. Also wir (damit meine ich Dich und unser NavigationLab Netzwerk) wären schon gute DJ´s, oder? 😉
Hi Reinhard!
Genau – let the music play! Eine gute Analogie eigentlich, je mehr darüber nachdenke: wir versuchen die Unternehmen dazu zu bringen, dass sie endlich aufhören, blind dem Anderen hinterher zu marschieren!
Auch wenn es hier vornehmlich um das wohklingende Duett zwischen Unternehmer und Arbeitnehmer geht, muß ich als Designer und Hobbymusiker (Konzertgitarrist) natürlich noch einbringen, dass WIR massgeblich den Musikstil beeinflussen können! Wenn der Sound zwischen Geschäftsführung und Designer harmonisch tönt, ist die Identifikation mit dem Unternehmen und dem somit (hoffentlich) „cooleren“ Produkt sehr wahrscheinlich. Das emotionalisiert den Arbeitnehmer positiv!
Ein gewisser Erfolg lässt sich zwar auch ohne (Identifikation bzw. Design) erzielen (das praktiziert leider noch immer ein Großteil der Unternehmen), allerdings weder nachhaltig, gedeckelt und schon gar nicht visionär!
Bin da völlig bei euch Jan-Erik und Reinhard. Mein Jugendtraum war es schon immer eine Band zu gründen. Immerhin habe ich aus Zeitmangel aktuell ein Gitarrenduett geschafft 🙂
Aber auch gestalterischer „Soundtüftler“ macht Spaß, insofern man den richtigen Dirigenten findet, der seine (Marsch)Musiker begeistern und in ungeahnte Dimensionen führen kann. Ja, wirklich schöne Analogie!
Hoi Harald! Danke für die guten Wünsche! Den doppelten Kommentar habe ich bereinigt 😉
Tja, die schöne, heile Arbeitswelt gilt es zu erschaffen! „Die Visionen von Heute sind die Realität von Morgen“ sagte einer, der mit seinem Unternehmen dem Ideal schon ganz nahe gekommen ist, so glaube ich. Nachzulesen in seinem Buch: http://amzn.to/1hfjxqj
Sorry, Jan-Erik, habe meinen Kommentar doppelt gepostet, da er zuerst nicht aufschien. Bitte einen davon löschen-keine Ahnung wie das hier geht. Wahrscheinlich nur mit Admin. Rechten…
Hallo Jan-Erik, nachträglich noch alles Gute zum Geburtstag! Wieder einmal ein statement von Dir, das brisanter nicht sein könnte und aus dem aktuellen Arbeitsleben gegriffen ist.
Ich beobachte seit einiger Zeit über Unternehmens Bewertungsportale eine Tendenz, die ich „ Aussen hui und innen pfui“ nennen würde. Kennzeichen davon sind ein nahezu perfektes Bild des meist als Leitunternehmen bezeichneten Unternehmens nach außen hin, jedoch eine fatale Stimmung im Unternehmen selbst, die sich durch miese Kommunikation, Misstrauen, unbegründete Kündigungen, oder das krampfhafte Suchen nach Schuldigen auszeichnet, falls einmal etwas nicht so läuft. Ganz zu schweigen von der Kommunikation der Geschäftsführung nach unten hin, wo mir vorkommt, dass die Arbeitsbeziehung zu den Mitarbeitern bewusst so auf Distanz gehalten wird, um diese auch wieder leichter loszuwerden. Also von wegen Tango – eher freies Tanzen ohne Boden!
Ich möchte auch keinem neuen Mitarbeiter unterstellen, dass er eigentlich von vorn herein gar nicht für das Unternehmen arbeiten will (sonst hätte er sich ja gar nicht beworben), aber oben genannte Faktoren und nicht nachvollziehbare Entscheidungen seitens des Managements machen es für den Mitarbeiter immer schwieriger an einen perfekten pas de deux zu glauben und die innere Kündigung – also Gehirn abschalten – erfolgt relativ bald. Aktuelles Beispiel in Österreich – Lenzing AG kündigt hunderte Mitarbeiter trotz Rekordgewinn, weil sie offensichtlich die Strukturen straffen und expandieren will. Dafür braucht man natürlich Geld=Kündigungen.
Ich sehe da eher großteils lebensbedrohliche Amputationen, als nur `Mundgeruch` eines Partners. Jan Erik, die schöne, heile Arbeitswelt, die du dir hier erträumst (von der wahrscheinlich jeder von uns träumt !) gibt es leider nur ganz, ganz selten und daran wird sich so schnell nichts ändern…
Hallo Jan-Erik, nachträglich noch alles Gute zum Geburtstag! Wieder einmal ein statement von Dir, das brisanter nicht sein könnte und aus dem aktuellen Arbeitsleben gegriffen ist.
Ich beobachte seit einiger Zeit über Unternehmens Bewertungsportale eine Tendenz, die ich „ Aussen hui und innen pfui“ nennen würde. Kennzeichen davon sind ein nahezu perfektes Bild des meist als Leitunternehmen bezeichneten Unternehmens nach außen hin, jedoch eine fatale Stimmung im Unternehmen selbst, die sich durch miese Kommunikation, Misstrauen, unbegründete Kündigungen, oder das krampfhafte Suchen nach Schuldigen auszeichnet, falls einmal etwas nicht so läuft. Ganz zu schweigen von der Kommunikation der Geschäftsführung nach unten hin, wo mir vorkommt, dass die Arbeitsbeziehung zu den Mitarbeitern bewusst so auf Distanz gehalten wird, um diese auch wieder leichter loszuwerden. Also von wegen Tango – eher freies Tanzen ohne Boden!
Ich möchte auch keinem neuen Mitarbeiter unterstellen, dass er eigentlich von vorn herein gar nicht für das Unternehmen arbeiten will (sonst hätte er sich ja gar nicht beworben), aber oben genannte Faktoren und nicht nachvollziehbare Entscheidungen seitens des Managements machen es für den Mitarbeiter immer schwieriger an einen perfekten pas de deux zu glauben und die innere Kündigung – also Gehirn abschalten – erfolgt relativ bald. Aktuelles Beispiel in Österreich – Lenzing AG kündigt hunderte Mitarbeiter trotz Rekordgewinn, weil sie offensichtlich die Strukturen straffen und expandieren will. Dafür braucht man natürlich Geld=Kündigungen.
Ich sehe da eher großteils lebensbedrohliche Amputationen, als nur `Mundgeruch` eines Partners. Jan Erik, die schöne, heile Arbeitswelt, die du dir hier erträumst (von der wahrscheinlich jeder von uns träumt !) gibt es leider nur ganz, ganz selten und daran wird sich so schnell nichts ändern…