oxymoron
Ich kann mich immer schlechter damit anfreunden – mit dem Titel Design-Manager.
Je länger ich darüber sinniere, desto mehr wird er zum Oxymoron. Und dabei ist mir auch noch nicht klar, welches Teil im Titel nun das Unsinnige und welches das Scharfsinnige ist!
‚Designen‘ ist das Bestreben der Menschen, in die Geschicke und Abläufe der Dinge einzugreifen, um sie zum Besseren zu ändern.
Dieses Bestreben kommt von Innen, es entstammt einer menschlichen Motivation, die intrinsisch begründet ist. Designer sind Menschen, die spüren, dass etwas zu verbessern ist, und dann wollen sie loslegen. Die Gestaltung ist dabei das Werkzeug, dieses Gespür nach Außen zu transportieren, zu artikulieren. Daher wirken Designer wohl auf viele gestandene Manager wie eine Klasse aus der Waldorfschule, die mit Pinsel und Pappe ihren Fantasien freien Lauf lässt. Designer lassen sich mit den üblichen Mitteln der Personalmotivation (Prämien, Zielsetzung, etc.) auch nicht wirklich motivieren, im Gegenteil.
‚Managen‘ wiederum ist auch ein Eingriff in den Ablauf der Dinge. Jedoch ist hier die Motivation eine von Außen, sie ist extrinsisch veranlagt. Managen kommt von ‚an die Hand nehmen‘ und will somit den Ablauf in geordnete Bahnen lenken und auf ein klar definiertes Ziel hinführen. Die Motivation, die alle vorantreibt, das Ziel zu erreichen, ist meist mit der Aussicht einer Belohnung versüßt, oder wird mit Bestrafung gefordert, denn wirklich anders lassen sich die ‚gemanagten‘ nicht bewegen. Wohl auch daher wirken Manager auf viele Designer wie Gutsherren, die mit Brot und Peitsche ihre Untertanen in Reih und Glied auf ein Ziel zuarbeiten lassen, an das keiner so ganz glaubt. Manager scheinen sich da sehr wohl von Prämien, Zielsetzungen etc. leiten zu lassen.
Für beide Beweggründe, Design oder Management, lassen sich sicherlich Umstände finden, wo sie besonders effektiv wirken. Will ich zum Beispiel kurzfristig ein Ziel erreichen und brauche dafür die Unterstützung von Dritten, dann bin ich mit Management sicherlich gut bedient. Sie ist quasi wie eine Technologie, ein Mittel, mit dem ich sicher stellen kann, dass etwas so passiert, wie geplant. Beim fristgerechten Zusammenbauen eines Flugzeuges zum Beispiel sicherlich sehr sinnvoll.
Die Grundhaltung im Management liegt vornehmlich in der Kontrolle und ist daher vor allem dann gut, wenn es etwas zu kontrollieren gibt.
Was aber, wenn es keinen Plan gibt, wenn nicht fest steht, was sein soll? Dann braucht man Design, das sich mit dem beschäftigt, was sein kann. Da baut man quasi eine Brücke, während man drüber läuft, und kennt das andere Ufer nicht mal genau.
So zu handeln ist nichts für Zweifler und Kontrollfreaks, sondern für Überzeugte und Selbstbestimmte. Hier hilft also auch kein Managen, sondern bestenfalls unterstützen. Die Grundhaltung im Design liegt in der freien Selbstbestimmung und baut auf die innere Motivation, und daher ist sie vor allem dann gut, wenn man eine Vision entwickelt und die Brücke dahin noch bauen muss.
Auch deswegen ist Design das Mittel für die Zukunft (Bestimmung), Management das Mittel der Vergangenheit (Kontrolle).
Wie soll da ‚Design-Management‘ überhaupt funktionieren? Die freie Bestimmung kontrollieren? Oder die innere Motivation an die Hand nehmen und in geordnete Bahnen lenken?
Schwierig, denn das würde beide Mittel quasi Schach-matt setzen…
Aber in einer Zeit, wo die dominierenden Systeme der Wirtschaft immer noch auf extrinsische Motivation und Kontrolle setzen und weniger auf freie Selbstbestimmung und Vertrauen, braucht es wohl einen Kompromiss. Wir lassen unserem inneren Antrieb – der höchst menschlich ist- immer noch nicht freien Lauf: Wir brauchen die Sicherheit, dass alles in geordneten Bahnen läuft. Noch.
Daher braucht es Management wohl noch so lange, um Design im Unternehmen zu verankern, bis sich alle Beteiligten so sicher fühlen, dass sie sich gänzlich auf ihre innere Motivation stützen können.
Wenn wir dann mal oben ankommen sind, auf der Maslowschen Pyramide, und uns selbst bestimmen, dann können wir das Management vom Titel streichen – und wir haben reines Design.
Bis dahin bleibt Design-Management eine Regelausnahme. (Noch so ein tolles Oxymoron!)