neue herausforderungen im design

Mit dem Eintritt in die Wissensgesellschaft und dem Wandel zur „Erlebniswirtschaft“ hat sich das Produktdesign von der Lösung eher kleinerer Probleme zur Lösung komplexerer Probleme verlagert und weiterentwickelt. Wo es bisher vorrangig darum ging, Produkte gebrauchsgerecht zu gestalten, kommt heute eine neue Komponente dazu: nämlich die Produkte – als Teil einer Dienstleistung – in ein behutsam orchestriertes Kundenerlebnis einzubetten. Es ist die Zeit des „Experience Design“.

Die Software, das Internet, Nachhaltigkeit und Globalisierung sowie Markenerlebnisse dominieren die Welt der Produkte. Denn ein industrielles Produkt steht selten nur für sich, sondern ist zunehmend ein integraler Bestandteil einer Dienstleistung. Daher müssen Produktgestalter in der Lage sein, ein Produkt als Teil eines Erlebnisses zu konzipieren. Sie müssen sämtliche Berührungspunkte zum Markt und zum Kunden bewusst ansprechen können, will das Produkt ein wirklich konsistenter Teil eines Erlebnisses sein. Mit einem ‚trough-the-line‘ oder auch 360°-Gestalten können Unternehmen und Institutionen ihre Markenpositionierung konsistent über alle Berührungspunkte im Markt kommunizieren und dafür braucht es Designer, die dies auch verstehen und leisten können.

Denn die Produktpolitik kann nur mit dem Mittel der Produktinnovation auf den angesprochenen Wandel in der Wirtschaft reagieren. Jedoch suchen viele Unternehmen Innovationen noch vornehmlich über die Technologie-Achse.
Wirklich innovative Lösungen werden allerdings vor allem über ihre ‚Sinnhaftigkeit‘ entwickelt – denn die Menschen wollen Lösungen, die ihnen nicht nur technologischen Fortschritt bringen, sondern vor allem Resultate, die ihren menschlichen Bedürfnissen entsprechen!
Und dies ist das Feld der Gestalter, die mit Empathie und dem Mittel der Artikulation den „Sinn“ von Ideen interpretieren und diese in eine Vision übersetzen können. Denn bei einem Überangebot von Ideen ist es nicht ausschlaggebend, immer Neues zu generieren, sondern die richtige Vision einer Umsetzung zu haben.
Um dies leisten zu können, ist ein abduktives, vorausschauendes Denken nötig, das empathisch zu Werke geht und Konzepte entwickelt für das, was es noch gar nicht gibt.

Die wirkliche Herausforderung liegt jedoch nicht nur in der kreativen Konzeption, sondern vor allem in der planerischen Umsetzung von Designdenken in die Unternehmensprozesse. Visionen – wenn man sie einmal hat – kann man recht einfach gestalten, aber diese auch zu erreichen, ist die wirkliche Herausforderung!

Designer brauchen dafür die adäquate persönliche und professionelle Fähigkeiten, um diese Fokussierung zu erwirken. Wenn nämlich Gestaltung in den Kern der strategischen Unternehmensarbeit rückt, rückt auch der Gestalter in den Mittelpunkt. Dementsprechend wird seine Kompetenz auf die Probe gestellt. Es kommt dabei nur sekundär darauf an, ob man ausreichend Know-how hat – denn dies wird vorausgesetzt – sondern ob man auch kompetent ist, zu führen. In dieser primären Rolle ist vor allem das Vermögen der Dialogführung gefordert, um die Silos zwischen den Unternehmensfunktionen und den beteiligten externen Partnern aufzubrechen und die verschiedenen Beteiligten zueinander zu bringen.

Denn die komplexen Probleme können nicht länger von einzelnen, in Silos arbeitenden Spezialisten angegangen werden – es ist eine enge Zusammenarbeit erforderlich, damit ein einheitliches Produkt-Service-Erlebnis überhaupt möglich wird.
Der Designer kann hier eine Schlüsselrolle einnehmen, wenn er in der Lage ist, eine Fokussierung in der Bestimmung oder auch der ‚Designation‘ von Visionen zu erwirken. Hier kommt dem Begriff Design auch seine wirkliche Bedeutung zu: Denn die designierten Visionen eines Unternehmens oder einer Gesellschaft sind jene, auf die man sich gemeinsam richtet und sie dann umsetzt. Denn der Erfolg von guter Gestaltungsarbeit hängt nicht nur vom Können der Gestalter ab, sondern vor allem vom Ergebnis der kollektiven Anstrengungen im Unternehmen. Nur wenn Gestalter Unternehmen verstehen und Unternehmen das Gestalten, kann man Gestaltung wirklich effektiv nutzen.

In meiner langjährigen Erfahrung habe ich vielmals erlebt, dass Visionen in Isolation entstanden sind und ihnen nicht nachgestrebt wurde: Auch dass Designer die Richtung bestimmten, aber keinen Dialog pflegten und somit ihnen nicht gefolgt wurde.
Der Designer muss durch die Konzentration auf Interaktion und Dialog im Unternehmen aktiv dazu beitragen, dass der Effekt von Gestaltung zunimmt und nicht, wie oben beschrieben, verpufft oder nur nachgelagert ist.
Die Unternehmen brauchen die Ausrichtung auf empatische Unternehmens- und Produktgestaltung, wollen sie nachhaltig wirtschaftlich erfolgreich sein. Wenn Gestalter zusätzlich zu ihren Fähigkeiten auch jene einbringen, die sie zur Führungskraft befähigen, können sie, statt wie bisher die Betriebswirte und Banker, die CEOs der Zukunft stellen.
Durch ihr Designdenken können sie dazu beitragen, die Wirtschaft auf das auszurichten, womit man der Gesellschaft am dienlichsten ist – nämlich auf den Menschen und seine Harmonie mit der Umwelt.

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  1. Toby O. Rink sagt:

    Danke für das Teilen dieser Gedanken. Endlich mal jemand, der es verstanden hat. 👍