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Es macht einen Unterschied, ob man eine Köchin, einen Ober oder eine Restaurantbesitzerin fragt, wie sie einen Kunden sehen und wie sie diesen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Mal ganz davon abgesehen, dass Köchin und Besitzerin diesen Kunden oft gar nicht persönlich treffen, sieht jede Rolle den Kunden anders…

Die Köchin betrachtet den Kunden als Nutzer und Genießer des Ergebnisses ihrer Kochkunst, als jemand, der nach dem Essen zufrieden, vergnügt, erfüllt und beeindruckt ist. Wohl auch als jemand mit Ansprüchen und Erwartungen, was sie dazu animiert, großartige neue Gerichte zu entwerfen. Letztendlich kommen die Kunden doch wegen ihrer Kochkunst ins Restaurant!

Der Ober mag das etwas anders sehen. Für ihn ist der Kunde ein Gast, der eine angenehme Zeit verbringen möchte, denn dafür kommt er ja ins Restaurant. Guter Empfang, nettes Gespräch, Hilfe bei der Menüwahl, Weinempfehlung, Nachtischempfehlung, die Rechnung prompt, und die abschließende Begleitung bis zur Tür, „beehren Sie uns bald wieder!“. Ein Haar fischt ein guter Ober schon aus der Suppe: Hauptsache, der Kunde ist zufrieden und hinterlässt reichlich Trinkgeld.

Die Restaurantbesitzerin hat wiederum einen anderen Blick auf den Kunden, der ja nur einer von vielen ist und sein soll. Sie wird alles ‚unternehmen‘, damit die Kunden ins Restaurant finden und auch wiederkehren. Die Wahl der Lage, der Ausstattung, des Ambientes, des Preisniveaus, des Namens, des Angebots und das Renommee, das daraus entsteht: deswegen kommen die Kunden doch ins Restaurant! So oft es geht, ist sie im Lokal und kümmert sich um das Wohlbefinden der Gäste und gibt ihnen mit auf dem Weg: „empfehlen Sie uns gerne weiter!“

Die Erlebnisse einer Organisation: User-Experience, Customer-Experience, Brand-Experience

Für uns, als Kunden, sind alle drei Betrachtungen gleichermaßen entscheidend, wenn es darum geht, ein Restaurant zu besuchen. Wir können diese nicht voneinander trennen, betrachten alle diese Aspekte als zusammengehörig. Und je durchgängiger und stimmiger alles zusammenwirkt, desto einprägender und klarer ist auch der Mehrwert eines Restaurants. 
Das, was wir ‚Kunden‘ zusammensehen, trennen die Unternehmen jedoch in verschiedene Funktionen und Rollen auf. Eine Funktion ist für das Nutzungserlebnis verantwortlich (Koch!), eine andere für das Kundenerlebnis (Ober!) und wiederum eine andere für das Markenerlebnis (Maître!). Und in gewohnt klassischer Manier fokussieren sich diese Funktionen auf ihre Funktion, als gelte nur das eine! So ist in vielen Unternehmen ein Gerangel entstanden, welche der Betrachtungsweisen nun führend ist, wie eine ‚Hackordnung‘ aussehen kann. Denn wer führend ist, hat auch das Sagen, wenn es um die Verteilung der Budgets und Mittel geht.

Ist es die User-Experience, die führend ist? Letztendlich liefert diese die Kernleistung einer Organisation, wie schon Kotler klar beschrieb. Ohne Koch kein Essen, kein Genuss, keine Leistung.

Oder ist es die Customer-Experience, die führend ist? Denn ohne dass Kunden ein ‚formales Produkt‘ auswählen können, es geliefert bekommen und auch noch dafür bezahlen, kann eine Organisation ja nichts einnehmen! Also, ohne Ober keine Wahl, keine Kunden, keine Bezahlung.

Oder ist es doch die Brand-Experience, die führt? Schließlich muss eine Organisation sich im Markt hervortun, damit Menschen sich überhaupt entscheiden und bereit sind, das ‚Lokal‘ zu betreten: Sie könnten ja gleich zur Konkurrenz abwandern! Ohne Maître keine Unterscheidung, keine Entscheidung, kein Zuspruch.

Führend in diesen Fragen ist weder das eine noch das andere Gewerk: Führend ist immer nur der Mensch, der etwas von der Organisation möchte, dem die Organisation zu Diensten ist! Denn in allen diesen Betrachtungen gibt es immer eine Konstante und das ist der Mensch, der die Leistungen der Organisation entgegennimmt. Als Nutzer (Gebrauch der Leistung), Kundschaft (Erwerber der Leistung) oder Kunde (Adressat der Leistung) hat er verschiedene Anforderungen und Eigenschaften, die allerdings zusammenhängen. Ja, es gibt auch Nutzer, die keine Erwerber sind. Ja, es gibt auch Adressaten, die keine Erwerber oder Nutzer sind. Aber in der Regel hat der, der eine Suppe gelöffelt hat, vorher bestellt und davor sich das Restaurant ausgesucht. Und wenn dieser wiederkommen und weiterempfehlen soll, müssen alle diese Erlebnisse optimal zueinanderpassen, damit sich ein Kundenzuspruch einstellt.

Ihr Zusammenwirken ist anders als die Summer der Erlebnisse, stärker …

Erfolgreiche Organisationen entwickeln ihre Leistungen immer zusammenhängend und achten auf die Kohärenz der Ausführung: zusammenhängend. Denn die Wirkung aller Leistungen einer Organisation nimmt eine Gestalt an, die anders ist als die bloße Summe ihrer Bestandteile: sie können sich gegenseitig stärken und zu einem gewinnenden Erlebnis werden, oder sie können sich gegenseitig schwächen und den Kunden kalt lassen. Die Kohärenz der Gestaltung und Ausführung aller Leistungen ist die Voraussetzung dafür, dass Kunden ein Bündnis mit einem Unternehmen aufbauen und die konsistente Anwendung der Grund dafür, dass die Kundschaft bleibt.

… aber nur, wenn sie entsprechend gestaltet sind!

Also, bevor man sich Gedanken macht, ob nun UX oder CX oder vielleicht doch BX führend ist, sollte man die Perspektive des Kunden einnehmen und sich realisieren, dass alles zusammenhängt. Man muss die Erlebnisse bewusst zusammenführen und als zusammenhängend gestalten. Ich würde dafür ein „Gestaltungsmanagement“ einführen, eine Rolle, die das Zusammenwirken aller Leistungsentfaltungen überblickt, dafür einen Rahmen vorgibt und gegebenenfalls eingreift, wenn ein Aspekt aus der Reihe tanzt. Also eine Rolle, welche die gesamte Leistungserbringung gestaltet (gestalten lässt) und nicht nur einen Teil davon. Dies ist, um mit Porter zu sprechen, die wirkliche primäre Aktivität eines Unternehmens, nur so entsteht wirklicher Mehrwert für den Kunden und wird ein Unternehmen effektiv.

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