fluch

Das Zusammenspiel der verschiedenen Ressorts ist für viele Unternehmen eine große Herausforderung und gleicht der Lenkung einer Flotte auf hoher See: Wie schafft man es, die verschiedenen Boote so zu steuern, dass sie sich alle wie eine Flotte verhalten und nicht wie ein unkoordinierter Haufen von umher fahrenden, raubenden Piratenkähnen?

Womöglich hängt die richtige Vorgehensweise ganz davon ab, was man als Unternehmen erreichen möchte und wie man dieses Ziel umsetzen möchte.
Das Ziel ist in der Regel immer gleich: Den Wohlstand für das Unternehmen und die Involvierten zu sichern, indem man Umsatz generiert.

Wenn das Unternehmen dies so schnell wie möglich erreichen will, ist Piraterie sicherlich eine schlüssige Herangehensweise. Sieht man den Kunden jedoch als Partner und will ihm nachhaltig dienlich sein, braucht man eher eine gut funktionierende Handelsflotte. Beide Vorgehensweisen bringen dem Unternehmen den gewünschten Umsatz.

Nur ist hier die Verlockung groß, es einem Käpten Jack Sparrow gleich zu tun: Man lässt sich planlos vom Wind treiben und entert das, was einem vor den Bug kommt. Die Mannschaft lässt sich einfach mit der in Aussicht gestellten Beute motivieren und solange die verschiedenen Boote ihre Beute brav beim Oberpiraten abliefern, steht dem schnellen Reichtum nichts im Wege- „Entern!“ Doch, wie man weiß, bringt dieser Reichtum meist einen Fluch mit sich- in Ruhe vom wohlverdienten Reichtum genießen, das ist selten drin…
Das Konzept der Piraterie habe ich bei einem Unternehmen, für das ich tätig war, auch aufkommen und untergehen sehen.

Ein neuer CEO trat seinen Job an und schaffte erst mal Tatsachen: „Beute muss her, denn die ‚Shareholder‘ wollen ‚Return on Investment!‘“ (Was damals für mich so klang, als handele es sich bei ‚Shareholdern‘ um eine Bande von Piraten, die im Hafen ungeduldig auf die mit Gold überfrachteten Heimkehrer warteten.) Später lernte ich dann, dass es wohl auch eine andere Sorte von ‚Shareholdern‘ gibt…

Nun, emsig machten sich viele Manager an die Arbeit und entwickelten rechten Geschmack an ihrer neuen Rolle. Denn als Pirat lässt es sich viel besser und schneller Beute machen, als mit dem umständlichen, zentralistisch gelenkten alten System. Flott ging es voran, die Schiffe wurden vom Ballast des alten Systems befreit und fuhren um so schneller dem nächsten ‚Entern‘ entgegen; Die Beute wuchs und wuchs…

Sie ahnen es schon: Der Schatz, den man so zusammengetragen hatte, war tatsächlich verflucht. Und nicht nur das, die ‚Piraten‘ waren es fortan auch und mussten nun allesamt ihr Dasein unter Wasser fristen und bekamen Fischköpfe. Was war geschehen?

Die Beute, welche die Piraten gemacht hatten, würden wir heute als „Bad Profits“ oder auch ‚schlechte Gewinne‘ bezeichnen – sie kamen nicht von Herzen. Denn auch wenn ein sympathischer Räuber wie Jack Sparrow es tut: Sobald Menschen, also Kunden, herausfinden, dass sie ‚geentert‘ wurden, ist die Beziehung dahin.

Wenn heute Mobilfunkanbieter, Banken und Stromanbieter versuchen, mit undurchsichtigen Angeboten und bewusst komplizierter Preisgestaltung den Kunden dazu bringen, mehr als nötig zu bezahlen, dann ‚entern‘ sie diese und machen sich damit zu Piraten.

Gleiches gilt für alle, die ein Kundenerlebnis versprechen und dieses nicht einlösen – die Profite aus einer Kundenbeziehung, die vom Kunden als nicht empfehlenswert gesehen wird, sind letztendlich ein schlechter Profit. Die Kunden finden heraus, dass sie ‚geräubert‘ wurden, und meiden fortan ‚die See‘. Und sie werden andere warnen, was die Chance auf weitere erfolgreiche Piraterie merkbar kleiner macht…
Nun, das Unternehmen fand schnell heraus, dass es verflucht war, und es dauerte Jahre, bis es diesen Fluch wieder los war.

Wie das letztendlich geschah? Erst als mehr und mehr Kunden erlebten, dass das Unternehmen ihnen aufrichtig und wiederholt korrekt diente, wuchs Vertrauen und Weiterempfehlung und es trauten sich somit auch andere Konsumenten wieder auf ‚die See‘. Die schlechten Profite wurden nach und nach zu guten Profiten und der Fluch wurde aufgehoben. Auch die im Hafen wartenden Piraten (Shareholder) freuten sich umso mehr, da ihre Beute nun größer ward als je zuvor.

Der nächste Schritt des Unternehmens ist seitdem, das Erlebnis mit den Kunden auf eine höhere Stufe zu bringen, damit sich noch mehr Umsatz und entsprechender Profit entwickelt.

Denn eine Erkenntnis hatte man als Pirat nun doch gewonnen und die ist fast noch entscheidender für den Erfolg der zukünftigen Geschäfte: Piraten wie Jack Sparrow sind einfach viel cooler als die Handelsmarine!

Um in den Genuss der Weiterempfehlung zu gelangen, kommt es eben ganz darauf an, den Kunden nicht tatsächlich brutal auszurauben, sondern ihm mit einem umwerfenden Erlebnis den Atem zu rauben.
Also, alle Mann an Deck und entern!

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