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Da war sie wieder, die Schlagzeile im Wirtschaftsteil der Tageszeitung: Es geht bergauf mit der Wirtschaft!
Gemäß der günstigen Lage haben die Vorstände der DAX-Unternehmen ihren verdienten Lohn gleich mit nach oben korrigiert. Denn es waren ja auch wirklich harte Zeiten für die Herren im Maßanzug: Mit aufgekrempelten Ärmeln standen sie knietief im Mist der Krise und päppelten mit vollem Einsatz ihre angeschlagenen Betriebe wieder auf, damit wir nun alle positiv in die Zukunft blicken können – Jetzt rollt der Rubel wieder!
Somit ist es mehr als OK, dass man sich für die viele Mühe entlohnt, oder? Da sind 20% Erhöhung ja nachzuvollziehen. Schliesslich wären viele Unternehmen doch gar nicht da, wo sie sind, ohne die hart arbeitenden Chefs, die mit ihrem ganzen Hab und Gut aufkommen, wenn es mal klamm wird in der Kasse und Angestellte sowie Lieferanten nicht mehr bezahlt werden können.
Ja, solche Chefs gibt es wirklich…
Ich hatte die Ehre, bei der Verleihung des Gold-Jupiter-Preises an einen Unternehmer dabei zu sein. Ein Preis, der die Leistungen von Menschen würdigt, die sich in der sozialen Marktwirtschaft verdient gemacht haben. Ich bin kein Ökonom, aber so viel Menschenverstand hat sich dennoch angesammelt, dass ich solch einen Unternehmer von einem Dax-Vorstand mit Festgehalt, Prämien und Rettungsschirm wohl unterscheiden kann.
Dem ‚ausgezeichneten‘ Unternehmer gönne ich seinen Erfolg und auch all das, was er meint, sich selber zu zugestehen – wie zum Beispiel seinen Sportwagen. Zumal ich weiß, dass er damit jeden Morgen auf dem Hof seiner Firma parkt und alle seine Mitarbeiter ihn aussteigen sehen – und diese gönnen es ihm, so eine Karre zu fahren. Sie wissen, was er leistet, sind mit ihm gewachsen und erfolgreich geworden.
Da frage ich mich, ob die Mitarbeiter des Dax-Konzerns ihren Vorständen diese 20% auch von Herzen gönnen? Parken die Herren (und zunehmend auch Damen) auch für alle sichtbar auf dem Hof? Wartet dort auch der Gold-Jupiter?
Jeder soll das bekommen, was er auch verdient, sagte mein Großvater immer. Und er fügte dann hinzu, dass man bescheiden sein sollte: Gier wäre ja ein Sündenfall. Ich bin zwar nicht religiös, aber gönne jedem das, was er auch verdient. Also auch unserer Gesellschaft, dass sie sich für einen einzigen Dax-Vorstand bald hundert Hochschuldozenten leisten kann!
Was leben wir in einer gloriosen Zeit, dass wir es geschafft haben, die Bildung so effizient und preiswert zu gestalten: Wenn wir hundert Professoren zum Preis von einem Dax-Vorstand haben können, dann steht uns ja eine glorreiche Zukunft bevor! Man denke sich das ganze Potenzial an geballtem Wissen, gepaart mit einer blühenden Wirtschaft, die von wenigen, weitsichtig agierenden Vorständen gelenkt wird – welch paradiesische Zustände wären das.
Da verschmerzen die Angestellten des DAX-Konzerns die 2%, die sie erhalten, gerne, da sie ja wissen, dass ihre Kinder die besten Voraussetzungen haben werden, sich umfangreich zu bilden. Jedem Studierenden werden persönlich mindestens 10 Professoren zur Hand gehen und dafür sorgen, dass sie sich im Wissenszeitalter behaupten können.
Somit bleibt Deutschland das Land der Dichter und Denker und kann sich mit ‚Köpfchen‘ den Herausforderungen der Zukunft stellen. Da ist gewiss, dass auch in Zukunft die Wirtschaft aus dem Vollen schöpfen kann, wenn es darum geht, sich Talente, Wissen und Know-how zu sichern.
Darauf einen Gold-Jupiter!