weiblich

Sie waren zu zweit gekommen, Tochter und Vater, um sich zu informieren, was es mit dem Studium zum Design Management so auf sich hat. Offensichtlich suchte die Tochter ein Studium, in dem sie ihrer Neigung zum Kreativen und Gestalterischen folgen kann, wobei der Papa eindeutig etwas Handfestes im Sinn hatte, etwas, wo eine fundierte Berufsbefähigung herauskommt, die in der Wirtschaft gesucht wird. Das ‚Management‘ im Titel schien den Vater irgendwie zu beruhigen, daher galten seine Fragen eher dem Umstand, was das Design denn mit dem Management zu tun hätte.

Ob es das Bestreben nach einem Kompromiss zwischen den beiden war, kann ich nicht sagen, aber aus unserem Gespräch wurde trotzdem klar, dass sie eher wegen des Designs da war und er nur wegen des Managements. Was für ein Klischee, höre ich Sie sagen, aber Tatsache ist, dass derweil sich Frauen fünfmal öfter für einen Studienplatz im Design Management bewerben als Männer. Also verwunderte mich die Situation in keinster Weise: Die Wahl des Design Management, die kam von der Studienanwärterin.

Wie ‚prekär‘ die Situation ist, zeigte sich während der Auswahl des jetzigen neuen Jahrgangs: Da kamen bei den Dozenten sogar Stimmen auf, die eine Männerquote einforderten, damit sich der Jahrgang nicht ausschließlich mit Frauen füllt!
Die männlichen Bewerber taten sich auch wirklich nicht leicht gegenüber der Phalanx der hochmotivierten Frauen, die sich meist in einer bestechenden Form präsentierten, sich akribisch vorbereitet hatten und überwiegend die Aufnahme mit Bravour bestanden. Ganz bei der Sache, vor Aufregung fast zitternd, präsentierten sie dem Aufnahmekomitee ihre Unterlagen und Arbeiten und die Kollegen verstummten bei manch der dargebotenen Kompetenzen. Die Jungs hingegen wirkten schon fast unmotiviert und mussten manchmal daran erinnert werden, dass sie so ratlos nicht sind, wie sie sich gerade geben… Als alles vorüber war, standen auf den ersten 8 Plätzen der Rangliste nur Frauen.

Dass sich vorwiegend Frauen für das Studium Design Management zu interessieren scheinen, liegt eindeutig nicht an der Attraktivität der lehrenden Dozenten (fast nur Männer, was auch ‚prekär‘ ist!) Nein, dafür muss es andere, weitaus bedeutungsvollere Gründe geben, die jenseits der äußerlichen Merkmale des Studiums liegen. Auch die vielfach gemutmaßte Behauptung, dass das ‚Kreative‘ die Mädels anlockt, ist zu platt: In anderen ‚kreativen‘ Studiengängen tummeln sich beide Geschlechter gleichermaßen. Und es ist auch nicht so, wie beim Maschinenbau, wo der Name schon klar vorgibt, zu was das Studium einen Absolventen befähigen wird: Maschinen zu bauen – und das interessiert in diesem Fall fast ausschließlich Männer. Design Management ist dagegen in seiner Umschreibung recht ‚geschlechtsneutral‘ und sehr ergebnisoffen.

Was vielfach gerade Frauen an Design Management anzieht, ist, so glaube ich, die Befähigung, die diesem Studiengang immanent ist: Kreativität und Gestaltung entfalten, begleiten und umsetzen. Design Management verlangt ein umfassendes und flexibles Denken, eines, das beide ‚Hirnhälften‘ einzusetzen vermag, um somit zwischen klarem, logischem Denken und einem kreativen, gestaltenden Denken hin und her zu pendeln. Dieses ‚weibliche Denken‘ ist nicht eines, das versucht zu bemuttern, sondern eines, das die Sachverhalte aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten vermag und somit jene Dinge im Blick hat, die der eng fokussierenden ‚männlichen‘ Sicht verborgen bleiben: Ein Blick für das Ganze, nicht nur für das Einzelne, ein holistischer Blick.
Natürlich können auch Männer so denken, es ist nur bei ihnen in der Regel nicht latent vorhanden und wird auch so nicht gefördert. Und genauso gut kenne ich ausgezeichnete weibliche Ingenieure, die wie Kerle denken können und dennoch eindeutig Frauen sind: Aber auch die sind eher rar…

Als ich den beiden dann zu erklären versuchte, wie Design Management in optimaler Form dieses umfassende, holistische Denken in den Unternehmensstrukturen zu etablieren beabsichtigt, um somit relevantere und auch ‚menschlichere‘ Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, da glaubte ich, dass auch der Vater dem Ganzen etwas abgewinnen konnte. Er outete sich als Manager und gab zu, dass er es gut fände, wenn seine Tochter etwas macht, das im international Business auch eine relevante Rolle spielt – na ja, ‚Design‘ allein, das war ihm vielleicht zu ‚kreativ‘, zu wenig karrierebefähigend? Jetzt bin ich gespannt, wie es weitergeht und ob ich die Tochter mal als Studentin begrüßen kann und auch, ob etwas beim Papa hängen geblieben ist…

Seit dem Besuch der beiden meldeten sich inzwischen weitere Interessierte und wie erwartet, 80% waren Frauen.
Wenn es denn so sein sollte, dass sich ein menschenorientiertes Wirtschaften als das Bessere durchsetzt und dass dabei die Frauen die ideale Denke mitbringen, um dieses zu gestalten und zu managen, dann brauchen wir doch noch in Zukunft eine Quotenregelung- für die Männer!

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  1. harald auer sagt:

    Am Heim PC auf Windows7 funktioniert alles bestens, Jan-Erik! Im Büro ist alles etwas old fashioned…
    Aus meiner Lehr Erfahrung bewirkt gerade die Kombination aus Design/ kreativ und Management/ Wirtschaft, dass sich eine bestimmte Zielgruppe (v.a. Frauen) – und ich glaube auch ganz bestimmte Frauen – dafür interessiert. Das sind nicht die ewigen StudentInnen, die glauben sie sind kreativ und können singen, tanzen, malen etc ., sondern jene, denen nur Wirtschaft einfach zu trocken ist und Design vielleicht zu flapsig ist, wie auch dem Herrn Papa. Das ist irgendwie so wie der ganze Designberuf – weder reiner Künstler, noch reiner Techniker , noch Wirtschaftler – am ehesten noch ManagerIn, der/die weiss worum es bei der Sache geht und sich und die Design Produkte auch verkaufen kann! Einer/eine der/die die unterschiedlichen Disziplinen am besten zusammenführt/ managt.
    Die Frage ist dann, wo der Fokus/Schwerpunkt liegt bzw. inwieweit die individuellen Talente gefördert und verstärkt werden können, sonst kommen da mittelmäßige Designer und WirtschaftlerInnnen heraus, die sich im Berufsleben wahrscheinlich eher schwer tun werden-lg ha

    • Hoi Harald, super dass es klappt. Gar nicht so einfach gewesen, das alles zu überprüfen 😉
      Die Frage nach dem Mittelmaß ist oft gestellt in der Entwicklung des Lehrprogramms und wich habe mir vor genommen, dies an zugehen. Designmanager/innen wurden schon mal, fälschlicher Weise, als ‚Schweizer Taschenmesser‘ gesehen, wobei das ‚Schweizer‘ reiner Zufall ist! Taschenmesser tauchen nur was, wenn man in brenzlicher Lage ist, wenn’s also eigentlich zu spät ist für eine professionelle Lösung (Kein Mensch baut ernsthaft ein Haus mit so ein Tool).
      Ich sehe die Designmanager eher als eine intelligente Werkzeugkiste, die gemäss der Situation das richtige Werkzeug hervor holen können und dies dann voranging rundum das Thema Design. Bei so vielen Design-Aktivitäten die, losgelöst von einander, ausgeführt werden, gar kein schlechter Fokus wenn man das zustande bringt – Designfokus hallt !!